Unsere Sinne leiten uns durch die komplexe Welt. Sie sind unsere Fenster zur Realität – wie wir hören, riechen, fühlen und schmecken. Manche glauben sogar an einen sechsten Sinn, eine Intuition, die uns Wahrnehmungen jenseits des Gewöhnlichen ermöglicht.
Im Zentrum unserer Sinne befindet sich das Gehirn, eine komplexe Masse aus grauer und weißer Substanz, eine Datenbank, die im Laufe der Zeit von unseren Sinnen gefüllt wird. Kurz gesagt, das Gehirn gibt uns Kontext – und deshalb sind Veränderungen so beunruhigend.
Bionic Reading nutzt die optische und kontextuelle Informationsverarbeitung des Gehirns, um das Lesen zu erleichtern.
Das Bild oben zeigt zwei identische Textabschnitte, einmal in normaler Darstellung und einmal optimiert für Bionic Reading.
An dieser Stelle ist es wichtig zu erwähnen, dass Bionic Reading sowohl ein Konzept als auch eine Software ist, die vom Schweizer Typografen Renato Casutt entwickelt wurde und ihm gehört. Der Name ist eine Hommage an die Zusammenarbeit von Gehirn (Biologie) und Technologie zur Verbesserung des Textverständnisses.
Die obige Abbildung veranschaulicht das Konzept des Bionic Reading – eine neue Methode, die den Leseprozess erleichtert, indem sie das Auge mit künstlichen Fixpunkten durch den Text führt. Dadurch konzentriert sich der Leser nur auf die hervorgehobenen Anfangsbuchstaben, und das Gehirn vervollständigt den Rest des Wortes.
Erinnern Sie sich an Bilder in sozialen Medien, bei denen Sie aufgefordert wurden, 30 Sekunden (oder länger) auf einen schwarzen Punkt in der Mitte des Bildschirms zu schauen? Wenn Sie danach blinzelten und auf eine weiße Fläche starrten, sahen Sie ein überraschendes Nachbild.
Solche und andere optische Täuschungen funktionieren, weil unser Gehirn Muster erkennen und vertraute Objekte „sehen“ kann.
Gehirn und Augen arbeiten perfekt zusammen. Das Lesen von Text ist ein gutes Beispiel dafür.
In der evolutionären Entwicklung ist die menschliche Fähigkeit zu lesen und zu schreiben ein Glücksfall. Wissenschaftler verstehen zwar nicht genau, warum wir lesen und schreiben können, aber sie wissen, was im Gehirn passiert, wenn wir lesen.
Kurz gesagt: Ein Teil des Gehirns erkennt Wörter automatisch, während ein anderer Teil ihre Bedeutung analysiert. Dies geschieht mithilfe von physiologischen und sprachlichen Werkzeugen wie Fixationen, Sakkaden und Transparenz/Unschärfe.
Erklärung einiger Begriffe:
- Sakkaden: Halten Sie kurz inne und schauen Sie sich in dem Raum um, in dem Sie sich befinden. Das ist eine sakkadische Augenbewegung. Sakkaden sind schnelle Augenbewegungen, die den Blickpunkt verändern – von kleinen Bewegungen beim Lesen bis hin zu größeren Bewegungen beim Umschauen. Sie können willkürlich (wenn Sie möchten) oder reflexartig erfolgen, selbst wenn Sie auf ein Objekt fixiert sind.
Die Bionic Reading-Website fasst die Beziehung dieser Werkzeuge zusammen:
Das Auge wird durch typografische Hervorhebungen durch den Text geführt. Durch das Zusammenspiel von Fixationen, Schärfe und Unschärfe werden visuelle Reize auf den Text übertragen, wodurch sich die Typografie sprunghaft verändert.
Als jemand, der mit Konzentrationsschwierigkeiten zu kämpfen hat, bin ich gespannt, wie sich dies langfristig auf meine Aufnahmefähigkeit und Produktivität auswirken wird.
Diese Technologie befindet sich jedoch noch in einem frühen Entwicklungsstadium, und Prototypen laufen nur auf wenigen Anwendungen. Wie bei jeder neuen Software wird es auch hier Kritik geben.
Ich persönlich werde die Entwicklung von Bionic Reading genau verfolgen.